In der Woche, in der der Welttag gegen Kinderarbeit stattfand (12. Juni), fielen im deutschen Bundestag zwei wichtige Entscheidungen zu Gesetzesvorhaben:
Die Kinderrechte sollten – nach einem Gesetzesentwurf der Justizministerin – im Grundgesetz verankert werden. Dafür sollte Artikel 6 Absatz 2 des Grundgesetzes durch die folgenden Sätze ergänzt werden.
“Die verfassungsmäßigen Rechte der Kinder einschließlich ihres Rechts auf Entwicklung zu eigenverantwortlichen Persönlichkeiten sind zu achten und zu schützen. Das Wohl des Kindes ist angemessen zu berücksichtigen. Der verfassungsrechtliche Anspruch von Kindern auf rechtliches Gehör ist zu wahren. Die Erstverantwortung der Eltern bleibt unberührt.” (Quelle: Bundesministerium für Familie und Soziales)
Seit mehr als 30 Jahren gilt in Deutschland die UN-Kinderrechtskonvention, seitdem wird jedoch auch über die Aufnahme der Kinderrechte ins Grundgesetz gestritten.
Leider fand dieses Gesetz keine Mehrheit im deutschen Bundestag.
Vor dem Hintergrund der Rolle der Kinder in der Corona-Pandemie wirft diese Entscheidung doch Fragen auf: auch für die Kinder gelten alle Grundrechte und sie sind besonders schutzbedürftig. Es wäre gut gewesen, wenn dies im Grundgesetz verankert und sichtbar gemacht worden wäre.
Im Gegenzug empören sich die meisten Menschen, wenn es um die Verletzung der Kinderrechte durch Kinderarbeit geht. Natürlich gibt es bei uns in Deutschland seit 50 Jahren keine Kinderarbeit mehr – aber warum wird der Schutz der Kinder mit zweierlei Maß gemessen? Soll er nicht für alle dieser Welt gleichermaßen gelten? Und warum wird er nicht bis zur letzten Konsequenz in die Tat umgesetzt?
Was hat das mit dem Lieferkettengesetz zu tun?
Und hier kann der Bogen geschlagen werden zur Verabschiedung des Lieferkettengesetzes, das Menschen und Umwelt schützen soll, wenn sie im Rahmen von globalen Liefer- oder Wertschöpfungsketten geschädigt werden.
Für manche ist es zu ambitioniert und bringt deutsche Unternehmen auf dem Weltmarkt einen Wettbewerbsnachteil. Für andere ist es zu zahm, denn es gilt vorerst nur für Unternehmen einer bestimmten Größe. Außerdem sind die deutschen Firmen nur für ihren direkten Vertragspartner unmittelbar verantwortlich (also das 1. Glied in der Lieferkette). Bei den zahlreichen Subunternehmern müssen sie nur eingreifen, wenn Menschenrechtsverletzungen belastbar nachgewiesen werden können – also auch Kinderarbeit.
Insofern ist noch nicht abzuschätzen, ob das Lieferkettengesetz den über 150 Mio. Kindern helfen kann, die z.T. unter sehr gefährlichen Bedingungen für ihren Lebensunterhalt (und unseren Wohlstand) in Steinbrüchen, Webereien, Ziegelbrennereien oder auf Kakaoplantagen arbeiten.
Immerhin gibt es in Hirschberg seit 2012 eine Dienstanweisung, durch die das Beschaffungswesen verpflichtet wird, sofern möglich, Produkte aus fairem Handel (also nach dessen Statuten auch ohne ausbeuterische Kinderarbeit) zu erwerben.
Artikel aus dem Mitteilungsblatt Nr. 24, 18.6.2021