Brief von Oscar, Renata und Kinder

Extrema, 16.8.1995

Liebe Eine-Welt-Gruppe, lieber Dr. B.,

Gestern haben wir euren Brief bekommen. Danke für das Foto, die Informationen und die Spende. Mit eurer Arbeit und Hilfe sind fast die Kosten bezahlt von einem Kind. Ich weiß, das ist viel Geld. Die Preise sind in Brasilien aber fast höher als in Deutschland und die Bedürfnisse der Kinder sind groß. Durch falsche Ernährung und ihr vergangenes Leben ist viel zu tun, damit Spuren verschwinden. Erst hier werden die Kinder, nach vielen Jahren, wurmfrei. Mit spiritueller Hilfe, Pädagogen, Psychologen, Ärzten und viel Liebe, Geborgenheit und Geduld bekommen die Kinder wieder Glauben ans Leben. Dies nachdem sie sexuell missbraucht, brutal behandelt (ein Kind ist z.B. von seinen Eltern ins Feuer gehalten worden, weil es nicht aufhören wollte zu weinen) oder gezwungen worden sind, zu stehlen oder Drogen zu verkaufen. Ich möchte nicht übertreiben, aber ich bin immer wieder erstaunt darüber, wie ein Kind mit so einer Vergangenheit sich als ein so liebes Wesen entfalten kann. Da kann man nur sagen, dass Liebe trotzdem stärker ist als Hass. Ich spüre, dass wir von allen Seiten Hilfe bekommen, besonders auch von oben! Alleine hätten wir nie solch schöne Resultate erreicht.

Ihr habt gefragt, wohin das Geld geht. Erstens für Einkäufe, im Supermarkt wird noch immer  am meisten ausgegeben, auch wenn wir eigene Milch, Butter, Brot und Käse haben. Zweitens Gehälter, es gibt insgesamt fünf Mitarbeiter im Haus und auf dem Bauernhof (ein Mindestgehalt in Brasilien liegt bei ca. 100 US $), und Transport, wir haben einen kleinen Traktor und einen Jeep von 1961, notwendig, da wir auf “unserer Insel” weit von der Stadt entfernt sind. Weiter haben wir noch immer Kosten beim Bau und Beendung der Infrastruktur, aber da verdienen wir auf dem Bauernhof schon selber das Geld. Für Studium wird noch kein großes Geld ausgegeben. Ist fast alles kostenlos, da die Kinder gerade erst anfangen (Sie sind ja noch nie zur Schule gegangen)!

Wir versuchen aber, die Kinder so viel wie möglich zum Studium zu motivieren. Wir haben viele Bücher, jeden Tag wird unter Aufsicht von Erwachsenen gelernt. Es gibt Hilfe bei den Hausaufgaben und wir haben jetzt sogar einen Computer, an dem sie spielen dürfen. Aber wichtig für die Kinder ist der Bauernhof. Hier wird gleichzeitig gelernt und gespielt. Verantwortung und das Gefühl, dass man alles erlernen kann, ist dabei sehr wichtig. In Zusammenarbeit mit dem SENAR* bekommen wir Unterricht im Agrarbereich, Handwerk und Kunst. Hier haben wir endlose Bildungsmöglichkeiten, ein anderes Gottesgeschenk. Nochmals herzlichen Dank für eure Hilfe und einen ganz lieben Gruß an Dr. B., auch von den Kindern.

Alles Liebe,

Oscar, Renata und Kinder

(*Wahrscheinlich so was wie die Volkshochschule für uns)

 

Originalbrief