Extrema, 8.2.2012
Liebe Renate,
Paz e Bem. Spät tue ich dir schreiben, aber die Bilder sollten schon da sein. Emerson hat mir bestätigt, dass er 30 Fotos geschickt hat… Ich möchte noch was sagen über das Heim.
Erstens möchten wir euch gratulieren zu 20 Jahren Sozialarbeit. Wir wissen, dass man so etwas nur durchhält, indem man spirituell motiviert ist. So ändern man Schritt für Schritt die Welt und unsere große Familie. Danke, dass wir so viele Jahre bedacht worden sind.
Es tut sich vieles im Heim. Haben uns anpassen müssen. Wir sind runter von 85 auf 31 Kinder. Dürfen nicht mehr Kinder als 40 aufnehmen. Es geht ja nicht um die Anzahl. Es geht um Qualität, möchten aber eine Sozialarbeit leisten, die von Anderen nicht gegeben wird und wirklich Unterschied bietet für die Zielgruppe. Das heißt, dass wir keine Kleinkinder mehr annehmen. Es gibt zu viele Familien in Brasilien, die adoptieren möchten und scharf darauf sind, ein Kind für kurze Zeit versorgen zu dürfen und … vielleicht damit eine kleine Möglichkeit zur Adoption bekommen können. (Extrema hat 30.000 Einwohner und 150 Familien eingeschrieben für Adoption.)
Ebenfalls versuchen wir, die Kinder vor dem Alter von 12 aufnehmen zu können. In 20 Jahren haben wir erfahren dürfen, dass Kinder erst aus dem Risiko geholt werden, nachdem sie selber re-agieren. Das heißt: selber anfangen zu stehlen, Vandalismus betreiben, mit Drogen handeln, sich prostituieren und so weiter. Kinder sollten aufgenommen werden in einem Heim als Schutzmaßnahme und nicht damit die Gesellschaft geschont wird (da liegen die Prioritäten verkehrt). Leider sind wir noch lange nicht so weit. Jedes Kind, das von uns aufgenommen wird, ist im Durchschnitt 6 Jahre vom Kinderschutz begleitet worden, bevor es zu uns kam. Dies sollte man verbessern … deswegen unsere Haltung irgendwie stur zu sein, wo es die Annahme von jungen Erwachsenen betrifft. Trotzdem ist das Alter im Schnitt ungefähr 14 Jahre.
Wir haben heute einen Anwalt, der uns zur Seite steht. Hört sich komisch an, aber … kommen nicht ohne aus. In Brasilien muss man die Kinder innerhalb 2 Jahre zurück in die Familie geben oder zur Adoption freigeben. Da die Kinder erst spät zu uns kommen, dauert es auch länger, bevor man positive Resultate erreicht. Da braucht man einen Anwalt, um die Zeit zu bekommen, die das Kind braucht, sich selber wieder zu finden. Auch Adoption ist kein Impuls sondern ein Prozess. Es muss begleitet und eingeleitet werden, damit es das gewünschte Resultat bekommt. Kinder und Adoptiveltern sollten sich gegenseitig akzeptieren … das dauert. Auch hier braucht man den Anwalt, damit das Kind … nicht nochmals von Eltern verlassen wird.
Dieses Jahr werden wir neben der Republica, die es schon gibt, ein Haus eröffnen, wo junge Erwachsene, die arbeiten und gleichzeitig studieren, wohnen und betreut werden können. Dieses Haus werden wir im Dorf aufbauen und bekommt einen Erzieher, der verantwortlich sein wird. So brauchen diese Jugendlichen nicht mehr in der Nacht hochzufahren. Wir haben weiterhin Unterstützung von Esperança Educação(ein Verband für Bildungsförderung für die jungen Erwachsenen). Sie bieten bolsas de estudo (Stipendien) an, sowohl für Universität als auch für die Hochschule und Berufsausbildung. Sind froh, dass fast alle jungen Erwachsenen, die uns schon verlassen haben, Arbeitszeit bis zum 31sten März. Wegen den Wahlen Ende des Jahres dürfen die Gemeinden keine neuen Abkommen unterzeichnen.
Weiterhin geht der Plan mit der Olivenkultur weiter. Bis Ende nächsten Monats haben wir 5000 Bäume gepflanzt. Glaube eine große Leistung. Es wird zwar noch ein wenig dauern, aber….ein gutes Einkommen in der Zukunft ist damit gewährleistet.
Auf die Frage, wo das Geld investiert wird, folgendes: Normal gesprochen sollte man aus Abkommen mit den Gemeinden Gehälter und tägliche Ausgaben zahlen können. Wir haben das nie geschafft, haben aber die Aussicht, dass es uns bis Ende das Jahres gelingen wird (die Wahlen hindern uns). Geld ist also immer kurz. Was wir normalerweise machen, falls es eine nicht vorgesehene Spende gibt … ist, diese Überraschung weiterzugeben in irgendetwas Extras … nicht Vorgesehenes. Einen Ausflug, Uniforme für eine Mannschaft, Reparatur von gemeinnützlichen Spielen/Fernseher, Schulmaterial, das fehlt, ein Geburtstagsgeschenk etc. Spüren aber wie viele Andere in Brasilien wie schwierig es wird, Hilfe vom Ausland zu bekommen. Ein kleines Beispiel: SOS Kinderdorf hat im letztem Jahr 80% weniger eingenommen aus Deutschland als vorher. Unsere Kinder können nichts dafür, dass es in Europa Probleme gibt, Afrika auf dem Boden liegt und Präsident Dilma Geld leiht an europäische Banken. Wir kämpfen aber weiter und wissen, dass Gott immer wieder neue Türen öffnet.
Sind froh, dass immer mehr Jugendliche in der Industrie Arbeit finden können. Die Kurse der SENAI helfen sehr positiv. Es kommt kaum vor, dass einer der Jugendlichen ohne Arbeit ist. Die jungen Leute tun sich auch außerhalb des Waisenheims zusammen. In kleinen Gruppen mieten sie ein Haus, wodurch Geld gespart wird und die Jugendlichen auch nicht isoliert leben müssen. Die große Mehrheit behält Kontakt mit dem Heim … auch nachdem sie das Heim verlassen haben. Auch hier sehen wir, dass eine Beziehung des Vertrauens gestaltet worden ist.
Schwester Floridalma gibt Unterricht. Kinder, die nicht alphabetisiert worden sind, bekommen die Priorität. Leider ist das immer ein sehr großer Teil. Auch die spirituelle Formung ist ihre Verantwortung. Pater Edson liest fast jede 15 Tage eine heilige Messe und gibt Angestellten Orientierung über christliche Werte. Igor aus Holland bereitet wie jedes Jahr Anfang des Jahres einen Auftritt vor im Cinetheater. Eine Vorführung, wo Zirkuskünste vorgezeigt werden.
Liebe Renate … Zusammen mit den Fotos hast du etwas Neues.
Alles Gute … Abraço,
Oscar
(Paz e Bem = Frieden und alles Gute)