Tübingen, Januar 2007
Liebe Freunde und Spender,
für alle diejenigen, die mich noch nicht kennen, möchte ich mich zuerst einmal vorstellen. Mein Name ist Brigitte Wegenast und ich bin 1980 nach Brasilien ausgewandert.
Nachdem ich dort einigermaßen integriert war, habe ich schnell bemerkt, wie durchlässig das soziale Netz in meiner neuen Heimat war und wo überall große Not herrschte. Da ich auf der Seite der finanziell Privilegierteren stand, habe ich mich entschlossen, etwas gegen die Armut der anderen zu unternehmen.
Nach meiner Volontärtätigkeit an mehreren Institutionen (Waisenhäusern, Altenheimen, Einrichtungen für behinderte Kinder und Kinderkrebshilfe) suchte ich finanzielle Mithilfe bei Freunden in Europa und vor Ort, die mir mit der Zeit auch zahlreich zuteil wurde. Um gespendete Gelder offiziell zu machen, gründete ich 1988 einen eingetragenen Verein, der mir die Möglichkeit bot, Spendenbescheinigungen ausschreiben zu können. Dieser Verein wurde nach 14 Jahren im Jahr 2002 bei meiner Rückkehr nach Deutschland aufgelöst, da ich mich gesundheitlich nicht mehr in der Lage fand, den inzwischen beträchtlich angeschwollenen Verwaltungsaufwand zu meistern.
Während meiner Besuche in Brasilien in den darauffolgenden Jahren musste ich dann mit Bedauern feststellen, wie die von mir unterstützten Einrichtungen unter dem Versiegen des Spendenflusses litten und entschloss mich, eine gemeinnützige Stiftung zu gründen. Diese wurde vom Finanzamt Tübingen nach Feststellung der Gemeinnützigkeit im Juli 2005 anerkannt als “Brigitte-Wegenast-Stiftung”.
Seit dieser Zeit ist es mir möglich, Gelder zu sammeln und an die mir bekannten Heime und Armenhäuser weiterzuleiten.
Bei Ihrer Spende handelt es sich dabei um das “Recanto Sao Francisco”, einem Heim für Waisen, Sozialwaisen und Straßenkinder. In diesem Heim werden Kinder jeden Alters aufgenommen, oft von brasilianischen Jugendämtern eingewiesen. Zum Teil auf der Straße aufgelesen, von den Eltern misshandelt oder ausgesetzt. Sie werden gesund ernährt, haben medizinische und zahnmedizinische Betreuung und bekommen Dank der hervorragenden Leitung die Zuneigung, die ein junger Mensch braucht, um sein Leben zu meistern. Sie werden auf das wirkliche Leben vorbereitet, lernen zu spielen, werden zu Handarbeiten angeregt und besuchen regelmäßig den Schulunterricht, der für die Kleinen im Haus stattfindet, die Großen werden ins nahegelegende Städtchen in der Schule transportiert. Hausaufgabenbetreuung ist sichergestellt, ebenso die Anleitung zu regelmäßiger Körperpflege und Instandhaltung der Gemeinschaftsräume und Schlafräume.
Eine eigene Landwirtschaft wird von den Jugendlichen unter Anleitung betrieben, die das tägliche Brot nahezu sicherstellt. Und nicht zuletzt – das brasilianische Gesetz sieht eigentlich vor, dass Jugendliche über 16 Jahren solche Einrichtungen nicht mehr in Anspruch nehmen können – was im Fall Recanto São Francisco nicht der Fall ist. Die Heranwachsenden werden sorgfältig auf einen Broterwerb vorbereitet und wir hoffen damit den Kreislauf “von der Straße auf die Straße” unterbrechen zu können.
Der Erweiterungsbau ist zwar fast fertiggestellt, dafür muss jetzt das Dach des Stammhauses repariert werden. Kleidung und Wäsche werden bei über 50 Kindern in unvorstellbaren Mengen verbraucht. Der Schultransport ist nur gewährleistet, wenn ein intakter Bus zur Verfügung steht. Ich könnte diese Liste noch lange fortführen, könnte mir aber vorstellen, dass jeder, der auch nur einen 2-Personen-Haushalt führt, die Ausmaße des täglichen Bedarfes einer solchen Einrichtung ermessen kann.
Jetzt bleibt mir nur noch zu hoffen, dass ich Sie mit meinem Bericht davon überzeugen konnte, Ihre Spenden sinnvoll eingesetzt zu haben. Und würde mich natürlich freuen, mit Ihrer Mithilfe weiterhin rechnen zu dürfen.
Mit allen guten Wünschen für ein gesundes, erfolgreiches neues Jahr, vielem Dank und freundlichen Grüßen,
Brigitte Wegenast